nachmittags
Es ist für mich nahezu unvorstellbar, das Gefühl von Langeweile nachempfinden zu können.
Als ich einmal eine Frau fragte, die einen mir extrem eintönig erscheinenden Fließarbeitsjob durchführte, fragte ich sie, ob sie sich dabei nicht endlos langweile.
Die Arbeit ist wunderbar, erwiderte sie, den ganzen Tag kann ich träumen.
Ein Bild, Öl glaube ich zu erinnern, im Format von ungefähr 120 * 80 cm ist an der Türfüllung befestigt. In der Türfüllung sind auch noch andere kleine Bilder angebracht, vom eigentlichen Holz der Füllung sieht man nichts. Es gibt einen Riegel, der geöffnet werden kann. Dann lässt sich die Türfüllung ausschwenken und gibt den Blick auf eine dahinter liegende Türfüllung preis. Fast alle Türen des Kellergeschosses sind so mit zwei bis drei Türfüllungen armiert. Nicht nur die Wände, auch die Decken sind vollständig von Bildern verdeckt.
Wenn man ungefähr drei Meter vor dem Bild steht, sieht man den Kopf eines alten Mannes. Er ist alt, macht aber noch einen geistig präsenten Eindruck. Der Kopf ist von abgerundeter Würfelform, wie man sie manchmal bei Musikern findet. Es könnte ein Portrait sein, was der Mann selbst in Auftrag gegeben hat und das daher einen gefälligen Eindruck macht.
Der Kopf erscheint vor einem dunklen gemaserten Hintergrund. Tritt man näher, löst sich die Maserung allerdings in eine punktförmige Struktur auf. Kommt man noch näher, erweisen sich die Punkte als minutiös ausgeführte Totenschädel. Es müssen hunderte sein.
Der Blick des Mannes ist zwingend.
An dem Bild blieb ich lange stehen, musste mich aber dann doch weiter führen lassen. Eine Kunstführung, die von 19:00 abends bis 3_00 früh dauerte.
Der Künstler war einer aus Gugging bei Klosterneuburg. Der Ort war die ul Dabrowiecka 28. Dort befand sich ein kleines Haus, das 6000 (wie sich aus dem vorigen Eintrag ablesen lässt) Kunstwerke beherbergte.
Das war einer der Eindrücke meines Lebens, die mich nie mehr verließen.
"...Der Verfasser hat die in pyschologischer Hinsicht vielleicht nicht ganz bedeutungslose Erfahrung gemacht, daß ihm eine wirklich befriedigende, lebendige Darstellung immer nur dann gelingen wollte, wenn er sich ausschließlich auf sein Gedächtnis stützte, während hingegen jeder Versuch, Geschriebenes zu benützen, unweigerlich zu einem Mißerfolg führte. Merkwürdig ist dem Autor auch der Umstand erschienen, daß ihm bei dieser Art der Produktion wertvolle Einzelheiten oft erst während der Niederschrift dieser Memoiren ganz unvermutet, fast plötzlich zum Bewusßtsein kamen, obgleich sie ihm vorher, durch alle die vielen Jahre, unzugänglich gewesen waren, während sie nun aus unbewußten, unbekannten Tiefen "in der alten Pracht" heraufstiegen."
Wien, Januar 1935. Aus der Vorrede zu dem in "Begegnungen mit ..." angesprochenen Buch.
Die Erfahrung kann ich teilweise bestätigen. Daraus lässt sich einiges für die derzeitigen Überlegungen zu Kultur, Intelligenz, künstlicher Intelligenz und Einfluss des Computers auf das menschliche Gehirn ableiten.
Begegnungen mit
Victor Adler
Hermann Bahr
Anton Bruckner
Frédéric Chopin
Th. A. Edison
Sigmund Freud
Hugo von Hofmannsthal
Franz Liszt
Ernst Mach
Gustav mahler
Hans Makart
Friedrich Nietzsche
Franz Schalk
Rudolf Steiner
Mark Twain
Richard Wagner
Hugo Wolf
& anderen
steht auf der Umschlagsseite eines Buches gedruckt, von dem auch "der erste Satz" stammt.
Wer mit dem Leben spielt,
Kommt nie zurecht.
Wer sich nicht selbst befiehlt,
Bleibt immer Knecht.
J.W.v.Goethe
Ich kann jeden verstehen, der dieses Wort ablehnt. Unter der Oberfläche verbirgt sich aber eine viel weiter gehende Schlussfolgerung. Es wird die Möglichkeit eröffnet, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen kann. Hält man das für möglich, ist es das Ende von Neid, Frustration und Langeweile.
Wie sollte jemandem aber überhaupt langweilig werden können, wenn er liest?
"Eine alte Sage erzählt die Geschichte der Geige: Eine Frau hatte die ganze Welt bereist, unendliches Leid, aber auch große Freude gesehen. Am Ende ihres langen Lebens nahm sie ein Kästchen, weinte alle Tränen, lachte alle Freude, die sie erlebt hatte, in dieses Kästchen, verschloss es mit vier Saiten und vergrub es.
Hunderte Jahre später schoss ein Jäger einen Pfeil in die Luft - er fand ihn in dem merkwürdigen Kästchen. Als er mit seinem Bogen über die Saiten strich, erklang alle Freude dieser Welt, aber auch alle Klage. So ist es bis heute geblieben, wenn eine Geige erklingt.
Die Welterbeliste bringt Geschichte zum Klingen: sie zeigt uns atemberaubende Naturwunder, die großartigsten Bauwerke der Menscheit, sie erzählt von bahnbrechenden technischen Entwicklungen, erinnert aber auch an furchtbare Verbrechen und unendliches Leid."
aus der Einleitung zum Unterrichtsmaterial Welterbe für junge Menschen
Österreich
ein Unterrichtsmaterial für Lehrerinnen und Lehrer
Erscheinungsjahr 2007: Österreichische UNESCO-Kommission, Wien, ISBN-Nr. 978-3-902379-00-9
Ein wunderbares Buch, sowohl zum Lesen als auch für die Projektarbeit geeignet.
Ich kann nicht mehr entscheiden, ob es mir als 12- oder 14-jährigem auch so gut gefallen hätte, doch mit dem richtigen Lehrer hätten wir als Schüler sehr viel damit anfangen können - selbst zu einer Zeit, als Projektunterricht "noch nicht erfunden" war.
Eine früh einsetzende Dämmerung wirkt beruhigend.
Die Fragen wurden tausende Male gehört. Die Antworten sind frei.