nachts

Freitag, 11. Juni 2010

An Pía Doré

Es gibt schöne junge Geschöpfe, die man natürlich sogleich haben, genießen möchte! Die Zärtlichkeit kommt von unten und bleibt unten. Aber es gibt solche, für die man sogleich die besorgte und übertriebene Zärtlichkeit einer Mama für ihr zartes Baby empfindet! Die Zärtlichkeit ist eben sogleich hinauf gestiegen, ins Herz, und noch höher hinauf, ins Gehirn! Dorthin, wo das "Göttliche" wohnt, das Unzerstörbare!
Nenne es "Impotenz", mich kannst du nicht schrecken! Ja, man zieht den Genuss von tausend Stunden dem Genuss einer Stunde vor!
Als Pía Doré das gedruckt gelesen hatte, sagte sie: "Also wirklich, Sie möchten mich auch gar nicht ein ganz klein bisschen 'haben'?!"
[Peter Altenberg: Fechsung]

In Management-Schulungen heißt das: "Lernen Sie Ihre Zuhörerschaft kennen!" oder "Know your audience!"

Mittwoch, 9. Juni 2010

Wahrheit und Wahrscheinlichkeit

In der Naturforschung sind Wahrscheinlichkeit und Wahrheit oft durch nichts mehr getrennt als durch zwei oder drei zusätzliche Experimente mit halbwegs gleichem Resultat. ich denke, daß man bei gründlicher Durchsicht häufig finden wird, daß die Naturwissenschaften viel reicher an Wahrscheinlichkeiten und Plausibilitäten sind als an Wahrheiten. Am Begriff der Wahrheit gemessen sind die meisten Wissenschaften jetzt viel zu kompliziert geworden, denn der Wahrspruch simplex sigillum veri, Einfachheit sei das siegel der Wahrheit, ist nicht außer Kraft gesetzt.
[Erwin Chargaff: Abscheu vor der Weltgeschichte]

Und da soll noch einer sagen, dass sich die Menschen durch Kreativität auszeichnen. Ist es nicht vielmehr so, dass sich die höchste Kreativität damit abgeben muss, unsere Beschränktheit zu konstatieren?

Dienstag, 8. Juni 2010

Wahrheit

Ab una prima veritate multae veritates in mentibus hominum resultant, sicut ab una facie hominis resultant multae facies in speculo fracto.*
[Thomas von Aquin: Quaestiones quodlibetales]

* Aus der einen (Ur)wahrheit ergeben sich im Geiste der Menschen viele Wahrheiten, wie das eine menschliche Gesicht in einem zerbrochenen Spiegel viele Gesichter ergibt.


Was sagt uns das heute über die Wissenschaft?

Montag, 28. Dezember 2009

Güte und Intelligenz

...
In der Tat besteht ein bestimmtes Wechselverhältnis zwischen Güte und Intelligenz. Dies zeigt sich schon im Tierreich. Die intelligentesten Tiere - Elefanten und Hunde - sind auch die gutmütigsten, und die Bosheit des Affen ist mehr sprichwörtlich als wahr, denn sie ist nichts andres als Spieltrieb und Humor, eine Eigenschaft, die stets Güte voraussetzt. Und was die Menschen betrifft, so gibt es sicher eine bestimmte Stufe der Intelligenz, auf der es schlechthin nicht mehr möglich ist, anders als gut zu sein. Dabei darf man freilich nicht an Sentimentalität denken. Sentimentalität und Güte sind Gegensätze. Da hat niemand deutlicher bewiesen als Nietzsche.
Ebenso wie Intelligenz und Güte sind auch Dummheit und Bösartigkeit bis zu einem gewissen Grade korrespondierende Erscheinungen. Die sprichwörtliche Doppeleigenschaft "dumm und gutmütig" ist in der Empirie selten. Ausgesprochen dumme Menschen sind niemals wirklich gutmütig. Wie wäre das auch möglich? Sie sehen viel zu wenig Beziehungen, als daß sie liebevoll und gütig sein könnten. Sie sind zu blind und beschränkt, um das Recht im Unrecht zu erkennen und daher andern Menschen Geltung einzuräumen. Auch sind sie viel zu sehr damit beschäftigt, ihre eigene Dummheit möglichst ungefährdet durchs Leben zu lotsen, als daß sie die Zeit fänden, sich um andre zu bekümmern.

Auszug aus dem Essay Der Dichter von Egon Friedell, einem 1878 in Wien geborenen Theaterkritiker, Schauspieler, Dramaturg, Conférencier, Aphoristiker, Feuilletonist, Herausgeber, Übesetzer, Schriftsteller und Kulturhistoriker.
Als im Jahr 1938 zwei SA-Männer an seiner Wohnungstür klingelten, sprang der 60-jährige Friedell vom dritten Stock aus dem Fenster.

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Controlling

"Controlling ist ein hoch gepriesenes Allheilmittel, an das sich Manager immer dann erinnern, wenn es zu spät ist. Die Betriebswirtschaftslehre beeilte sich, das in der Praxis entwickelte Controlling wissenschaftlich, d.h. uneinheitlich zu definieren und seine Funktionen zu erklären. Ihr wesentlicher Beitrag war die Entdeckung des strategischen Controling, eine Abart, die jedem Topmanager einleuchtet, der mit der Realität nicht zurecht kommt."
Aus "Das Leoparden-Paradoxon" von Sebastion Hakelmacher. (Libelle-Verlag)
Ein äußerst vergnügliches Büchlein, über dessen Darstellung ich herzlichst lachen könnte, überträfe die Realität nicht die satirischesten Beispiele darin.

Montag, 14. Dezember 2009

Wir wollen sein wie sie

"Ich glaube, dass uns die Science-Fiction-Autoren auf die falsche Zukunft vorbereitet haben. Ihre Fantasie kreiste um die intelligenten Maschinen, die Frage, ob sie eines Tages klüger sein werden als der Mensch: Und ob sie schließlich die Menschen zu Untertanen machen. Und damit das Kräfteverhältnis umkehren.
Die Frage, die sich heute tatsächlich stellt, ist aber eine ganz andere. Die Frage lautet, ob wir damit begonnen haben, uns selbst wie Maschinen zu behandeln. Und ob der Preis für Maschinen, die denken können, von Menschen gezahlt wird, die es mehr und mehr verlernen."

Dies ist ein Zitat aus Frank Schirrmachers Buch Payback. (p87)
Ich lese dieses Buch jetzt zum dritten Mal und sammle meine Gedanken, um einen entsprechenden Leserbrief zu schreiben, der in erster Linie Zustimmung und Ergänzung sein soll. Ich habe bisher noch nichts gefunden, was nicht den Kern der Computergesellschaft genau trifft. Einige Details können von jedem Blogger direkt durch Selbstbeobachtung überprüft werden.

Und doch heißt es nirgends, dass es schlechter wird. Es wird lediglich anders!

Samstag, 12. Dezember 2009

Hoher Anspruch

In der Beschreibung zur heutigen 3SAT-Übertragung der Walküre steht:
"In der spektakulären Inszenierung von Carlus Padrissa und seiner Theatergruppe „La Fura dels Baus“ wird Richard Wagners "Ring des Nibelungen" mit einer Mischung aus Musik, Akrobatik und Technik zu einem fesselnden Bühnenereignis. "
Die bisher aufgetretenen Sänger sind ausgezeichnet und alte Bekannte, wie Uusitalo, der auch in Wien den Wotan gesungen hat.
Jennifer Wilson wird in einer ausgesprochen häßlichen "Verkleidung" zur Persiflage der später so anbetungswürdigen Maid. Die Gerüste, auf denen die Sängerinnen in die Luft "geschwebt" werden, stören den Gesamteindruck.
Schon jetzt während des zweiten Aktes stelle ich fest: nicht die Mittel bestimmen die Güte des Bühnenereignisses sondern die Art, wie sie eingesetzt werden.
Über das Haus in Valencia kann ich hingegen schwer etwas Abfälliges sagen.
Matti Salminen habe ich schon unter Karl Böhm im Tristan erlebt. Sogar als Hunding wirkt er für mich immer noch so sympathisch wie damals.

Freitag, 11. Dezember 2009

Am Ende der Welt

komme ich mir immer vor, wenn ich mit dem letzten Zug die Landeshauptstadt verlasse, um irgendwo in der Pampa auszusteigen und die letzte Meile per Taxi zurück zu legen.
Mir geht es unvergleichlich besser als dem im Provinzbahnhof gestrandeten, der heute seinen 21 Geburtstag gefeiert hat, 300 Euro für seine Freunde ausgegeben hat, um festzustellen, dass ihm nichts geblieben ist.
Nichts, womit er legal die umgekehrte Strecke zurücklegen kann. Ich denke, es ist nicht mein Problem, ich würde ihn höchstens ein Stück in Richtung Landeshauptstadt mitnehmen, dann steht er wieder in der Einöde. Doch der Taxifahrer ist nett und verspricht, ihn bis zu der Haltestelle eines Nachtbusses zu führen.
Während der Fahrt unterhält er sich mit einem bereits im Auto sitzenden "Kollegen", der von der Arbeit nach Hause fährt. Beide sind sie Kellner.
Die Unterhaltung verläuft sehr ordentlich. Angebettelt hat er mich ja auch gar nicht, also lasse ich noch das Geld für den Nachtbus springen. Das bringt mich nicht um.
Nachts am Bahnhof, wenn kein Zug mehr fährt.

Am Ende des Tages

Dämmerung

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Wahrheit und Wahrscheinlichkeit
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Zuletzt aktualisiert: 13. Jun, 21:24

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